Elisabeth Charlotte von der Pfalz (27.Mai 1652-8. Dezember 1722) - Adliges Frauenleben im 17. Jahrhundert

von Britta Quebbemann

[Erstveröffentlichung in Karfunkel Nr. 41]

"Denn es ist mir all mein leben leyd gewesen, ein weibsmensch zu sein, und kurfürst zu sein, were mir, die wahrheit zu sagen, besser angestanden, als Madame zu sein."1

Kindheit
Elisabeth Charlotte von der Pfalz, bekannt als die Briefeschreiberin des 17. Jahrhunderts und als Beteiligte an den pfälzischen Erbfolgekriegen wird am 27. Mai 1652 in Heidelberg als zweites Kind des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz und Charlotte von Hessen geboren. Ihre Geburt steht unter einem unglücklichen Stern. Zwar herrscht in Deutschland nach den langen Kriegsjahren des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wieder Frieden, doch die Menschen sind verroht, moralische Gleichgültigkeit hat sich ausgebreitet, Religion spielt eher eine politische Rolle (Cuius regio, eius religio= der Herrscher bestimmt über die Religion seiner Untertanen) als daß man sich im täglichen Leben um die Gebote schert. Das Deutsche Reich ist zersplittert in mehr als 250 fürstliche Territorien. Fürsten herrschen absolutistisch, das soziale System ist strikt hierarchisch gegliedert. An den Höfen wird ein aufwendiges Zeremoniell zelebriert, das Leben der Adligen ist luxuriös bis ausschweifend, Repräsentationsdienst, Jagden, Musikaufführungen, Theater und Feste sind an der Tagesordnung (und müssen von den Abgaben der 'Untertanen' finanziert werden). Nur der Hofmann gilt in dieser Gesellschaft als voller Mensch, nicht aber die Masse der anderen. Dennoch müssen auch die Adligen die ihnen zugedachte Rolle spielen und Töchter sind in der übernationalen Adelsgesellschaft in erster Linie dazu da, dynastische Verbindungen zu schaffen. Mätressen sorgen für emotionalen Ausgleich und befriedigen körperliche Bedürfnisse.
Elisabeth Charlottes Mutter will sich in eine Ordnung dieser Art nicht fügen und zerstreitet sich gleich nach der Geburt des Kindes mit ihrem Ehemann so unversöhnlich, daß Karl Ludwig ihr einen Scheidungsbrief ausstellt. Kurze Zeit später heiratet er die unstandesgemäße Luise von Degenfeld. Charlotte von Hessen bleibt zunächst neben der neuen Frau in Heidelberg, so verbringt Elisabeth Charlotte ihre frühe Kindheit mit dem echten Bruder Karl und zwei Halbschwestern Amalie Elisabeth und Louise in einem Haus voller Zwistigkeiten.
1659 gibt man das siebenjährige Mädchen in die Obhut ihrer Tante Sophie, der Schwester Karls und Gemahlin Ernst-August von Braunschweig-Lüneburg, des späteren Kurfürsten von Hannover. Liselotte, wie Elisabeth Charlotte gerufen wird, erfährt früh, daß menschliche Bindungen im höfischen Leben keine Rolle spielen, sie lernt, sich zu fügen. Zu ihrem Glück trifft sie in ihrer Tante eine beeindruckende und liebevolle Frau, deren Weltoffenheit, Disziplin und Wärme prägend auf das Mädchen wirken. Sowohl ihrer geliebten Tante Sophie als auch ihrer Hofmeisterin von Uffeln bleibt Liselotte Zeit ihres Lebens stark verbunden.
1663 wird die Pfalzgrafentochter nach Heidelberg zurückgebracht. Die Mutter war mittlerweile vom Hof entfernt und nach Kassel geschickt worden. Fortan wird das aufgeweckte Mädchen nach dem Willen ihres Vaters in Religion, deutscher und französischer Sprache, Anstandslehre, Zeichnen, Schönschreiben, Rechnen, Tanzen und Gitarrenspiel unterrichtet, daneben erwirbt sie Kenntnisse in Geographie und Geschichte und liest antike Texte in Übersetzungen. Latein lernt sie nicht, denn dies wird für Mädchen als überflüssig angesehen. Weibliche Adlige sollen in erster Linie Nachkommen produzieren, daneben ist es erwünscht, daß sie jederzeit zu angenehmer Konversation in möglichst vielen Sprachen fähig sind. Ein reizvolles Äußeres kann nicht schaden, es erhöht die Chancen auf dem Heiratsmarkt.
Das Lesen von Romanen ist Liselotte untersagt, denn es könnte sie auf dumme Gedanken bringen, hingegen soll sie moralische Bücher und historische Beschreibungen durchaus zur Kenntnis nehmen. Auch das Theater ist ihr nicht verboten und Theaterbesuche werden später zu einer ihrer größten Leidenschaften.
Elisabeth Charlotte ist ein wildes und fröhliches Kind, sie liebt Tänze, Jagden und Spiele aller Art. Die Jahre in Heidelberg mit all den Eindrücken und Festivitäten kostet sie voll aus, was ihr den Kosenamen "Rauschenplattenkechtgen" einbringt.


Ehe
1671 endet das ausgelassene Leben abrupt. Die neunzehnjährige junge Frau wird mit Herzog Philipp I. von Orléans, dem Bruder des 'Sonnenkönigs' Ludwig XIV, verheiratet, den sie nicht einmal zur Hochzeit zu Gesicht bekommt. Die Heirat ist eine rein politische Angelegenheit, ihr Vater Karl Ludwig hofft, damit die Verbindungen zwischen der Pfalz und Frankreich verbessern zu können, was sich allerdings im Nachhinein als Fehlschluß erweisen wird. Liselotte sieht sich sehr klar als das "politische Lamm, das für den Staat und das Land geopfert soll werden." Sie fährt fort: "Gott gebe, daß es wohl anschlage."2 In Metz muß die evangelisch-reformiert erzogene Liselotte die katholische Religion annehmen, anschließend wird sie mit dem 31- jährigen, gerade verwitweten Philipp I vermählt, der allerdings an seiner Stelle einen Prokurator hat anreisen lassen. Philipp hat zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Kinder aus seiner ersten Ehe mit Henriette von England. Mit ihnen scheint Liselotte wenig zu tun zu haben. Sie lebt mit bzw. neben Philipp und einem Hofstaat, der ihr oft genug unsympathisch und intrigant erscheint, auf verschiedenen Adelssitzen in und um Paris.
Das Leben ihres Mannes beschreibt Liselotte folgendermaßen:
"der hat nichts in der welt im kopf als seine junge kerls, umb da ganze nächte mit zu fressen, zu saufen, und gibt ihnen unerhörte summen gelds, nichts kost ihm noch ist zu teuer vor die bursch; unterdessen haben seine kinder und ich kaum was uns nötig ist."3
Obwohl das Verhältnis zu dem homosexuellen und zu Ausschweifungen neigenden Philipp von Anfang an getrübt ist, bekommt Liselotte drei Kinder. 1673 wird Alexandre-Louis geboren, der nur drei Jahre später stirbt, nach Liselottes Auffassung, weil der Arzt ihn falsch behandelt habe. Auch Liselotte selbst stöhnt oft über die medizinischen Methoden, die in erster Linie aus Aderlässen als Allheilmittel bestehen, unterzieht sich ihnen aber dennoch, da Widerspruch am Hof weder erlaubt noch möglich ist. Einer Frau bleibt dort nichts anderes übrig, als zu dulden: Die Willkürherrschaft des Königs, die Exzesse des Ehemanns, der als jüngerer Bruder des Sonnenkönigs keine wirkliche Aufgabe im Staat hat, die Roßkuren der Ärzte, die Intrigen der adligen Gesellschaft, die Mätressen und die Kinder der Mätressen, die um Geld und Einfluß buhlen. In fortgeschrittenerem Alter gibt sie einer anderen Frau folgenden Rat:
"Es ist ein irrtum, zu glauben, daß man einen mann wehren kann, maitressen oder buben zu lieben; es muß eins oder das ander hier sein. Das beste ist, den mann aus schuldigkeit, aber nicht mit passion zu lieben, wohl und friedsam mit ihm zu leben, aber sich in nichts bekümmern, wo er seine wüsterey hinträgt. Auf diese weise bleibt man immer gute freund und behält friede und ruhe im haus."4
Die anderen beiden Kinder, Philipp III (1674-1723) und Elisabeth-Charlotte (1676-1744) überleben.
Im Rückblick sieht Liselotte Schwangerschaften und Ehe ohne jede Illusion.
"Ich habe nur 3 kinder gehabt, aber nie nichts extraordinaris. Mein leben habe ich mich nicht blessiert, habe meine kinder bis zu end des 9ten mond getragen, im anfang brav gekotzt, hernach alle tag ohnmächtig geworden, doch immer meinen geraden weg fortgegangen, habe aber 10 stund in den großen, unleydlichen schmerzen gelegen und so 3 gesunde kinder daher gesetzt, davon mir gott das erste genommen. Meins herrn s. doktor; der alte monsieur Esprit, hat ihn umgebracht, als wenn er ihm eine pistole im kopf geschossen hatte."5
Allgemein auf Schwangerschaften bezogen bemerkt sie:
"Ich halte es vor ein groß glück, davon zu reden, wie ein blinder von den farben; denn es ist in allem anfang und end ein gar heßlich und gefehrliches und schmutziges handwerk, so mir nie gefallen."6

Ihre Kinder erzieht Liselotte konsequent. "(I)ch filze selten, aber wenn es sein muß, geb ich's dicht, das macht desto mehr impression."7 Wenn die Kinder gehorchen, haben sie von ihr nichts zu befürchten und sie geht daher davon aus, daß Philipp und Elisabeth-Charlotte sie lieb haben. Die Hofmeister hält sie für unfähig und dumm und sie wundert sich nicht darüber, daß die Kinder sich nur lustig über diese "albersten und sottesten leute, so in der welt mögen gefunden werden"8 machen. Der Vater hält sich aus der Erziehung zunächst heraus, bestimmt aber später, angestiftet von Günstlingen einen Hofmeister, von dem Liselotte sich vollkommen abgestoßen fühlt. "(D)enn es ist gewiß, daß kein größer sodomit in Frankreich ist, als dieser."9 Der Mann ist bekannt für seine Liebe zu Knaben und daher ungeeignet zur Erziehung eines Prinzen. In diesem Fall setzt sich Liselotte durch, der Sohn bekommt einen anderen Hofmeister.

Oft genug bleibt ihr aber nichts anderes übrig, als ihr Leid in Briefe zu bannen, so zum Beispiel, als ihr Sohn 1692 mit Marie Francoise de Blois, einer 'natürlichen' (d.h. unehelichen) Tochter Ludwigs des XIV verheiratet wird, und im sogenannten Pfälzischen Erbfolgekrieg, als sie zusehen muß, wie ihre alte Heimat von französischen Truppen unter dem Vorwand, daß sie nach dem Tod ihres Bruders die rechtmäßige Erbin sei, ausgeplündert und zerstört wird. Sie weint ganze Nächte über das Unglück, das in der Pfalz geschieht, sie sieht Heidelberg und Mannheim vor sich und muß sich vorstellen, wie alles niedergebrannt und ausgeraubt wird. Es ist ein Theater des Schreckens, aber jede öffentliche Klage darüber ist ihr verboten.

Das Leben am Hof in Paris gefallt Liselotte überhaupt nicht. Höflinge aus allen Teilen des Landes wetteifern um Gunst und Aufmerksamkeit des Königs, es herrscht extreme Enge an einem Hof, dessen üble Gerüche, die u.a. durch das Fehlen von sanitären Anlagen hervorgerufen werden, kaum zu überdecken sind. Etikette, Kleidung, Sprache und Haltung verbergen die Persönlichkeit der Höflinge, Parfum, Puder und Perücke den Körper. Unter der Oberfläche aber brodelt das Leben: Uneheliche Kinder entstehen fortlaufend, die Frauen verbringen die Zeit zwischen den Affären damit, zu 'klatschen' und Intrigen zu spinnen, während die Männer um Macht und Ruhm konkurrieren. Liselotte verabscheut vor allem Madame de Maintenon, die Mätresse des Königs, für die sie selten ein gutes Wort findet, aber auch die übrige französische Adelsgesellschaft ist ihr zuwider.
Kaum kommt Liselotte in Paris an, bekommt sie auch schon Kopfschmerzen und ein starkes Kratzen im Hals. Schlafen kann sie schlecht, weil ihr Schlafraum über den rund um die Uhr besetzten Küchen liegt. Jagen ist in Paris nicht möglich und der Besuch der Komödie kein Spaß, weil man vor lauter Publikum kaum die Bühne sehen kann. Abends ist sie dort gezwungen, mit langweiligen alten Frauen Konversation zu betreiben, während ihr Mann mit anderen Männern spielt. Er duldet seine Frau nicht neben sich, weil sie angeblich Unglück bringen könnte, es ist ihr aber auch verboten, sich ganz zurückzuziehen. In Versaille fühlt sie sich wohler. Dort kann sie jagen, wann es ihr beliebt, das Theater ist direkt in ihrem Haus und selten gut besucht, so daß sie die Aufführungen in Ruhe verfolgen kann. Im Gegensatz zu Paris ist sie dort relativ frei, zu tun, was sie gerade möchte und sie verbringt große Teile ihrer Zeit damit, zurückgezogen in ihrem Kabinett Briefe zu schreiben.10

Die Ehe mit Philipp wird auch mit den Jahren nicht besser. 1698 schreibt Liselotte an Sophie:
"Monsieur ist mehr auf die buben verpicht, als nie, nimbt laqueyen aus den antichambren; alles was er in der welt hat, vertut er auf diese weise, er wird seine kinder zu pure bettlers machen; er denkt in der welt an nichts als was auf dieses leben angesehen ist. Mir ist er immer zuwider in alles, scheut mich immer; er leßt sich ganz und gar von den liederlichen bursch regieren; alles in sein und mein haus wird zu deren bursch profit verkauft. Es ist eine rechte schande, wie es zugeht. Meinen sohn haben die favoriten von Monsieur ganz eingenommen, er liebt die weiber und sie seind seine couplers, schmarotzen, fressen und saufen mit ihm und stecken ihn in ein solch luderleben, daß er nicht wieder heraus kann kommen, und weilen er weiß, daß ich sein leben nicht approbiere, so scheut er mich und hat mich ganz und gar nicht lieb; Monsieur ist froh, daß er seine favoriten lieb hat und mich nicht, leydt also alles von mein sohn. Meines sohns gemahlin hat ihren mann nicht lieb; wenn er nur von ihr ist, ist sie schon zufrieden, accordieren sich also hierin gar wohl, sie denkt nur an ihrer brüder und schwestern grandeur. So geht es hier zu; da können E.L. gedenken, was ein angenehm leben man führt." 11

Trotz all der Querelen ist Liselotte aufrichtig betrübt, als Philipp 1701 nach einem ausgiebigen Festmahl plötzlich stirbt, vermutlich an Schlaganfall.

Alter
Liselotte zieht sich immer mehr zurück. "Die hunde seind die besten leute, so ich in ganz Frankreich gefunden, habe deren auch allezeit 4 bey und umb mich."12 Sie sieht sich als alte häßliche Frau mit wenigen Freunden. Sich selbst beschreibt sie nicht weniger kritisch, als die anderen: "Kein einziges von allen meinen contrefaiten gleicht mir so wohl; mein fett hat sich gar übel placiert, muß mir also wohl übel anstehen: ich habe einen abscheulichen met verlöff hintern, bauch und hüften und gar breite axlen, hals und brüste sehr platt, bin also, die wahrheit zu bekennen, gar eine wüßte, heßliche figur, habe aber das glück, gar nichts darnach zu fragen, denn ich begehre nicht, daß jemandes verliebt von mir sein solle, und bin persuadiert, daß die, so meine guten freunde seind, nur mein gemüte und nicht meine figur betrachten werden."13 Ihre Wohlbeleibtheit sieht Liselotte keinesfalls als ein Zeichen von Macht und Glück, sondern als eine Folge von Unglück: "Ein andere an meinem platz, so nicht aus dem grund lustig gewesen were, würde vielleicht vor kummer lengst gestorben sein; ich aber werde nur dick und fett davon."14

In ihren fortgeschritteneren Jahren beschäftigt sich Liselotte häufig mit religiösen Fragen. Sie reflektiert die Möglichkeit der Widergeburt, verwirft sie aber, weil sie sich nicht vorstellen kann, wie die Seele in einen anderen Körper gelangen soll, sie fragt sich, ob Tiere eine Seele haben oder Menschen vielleicht etwa keine, immer wieder auch, wie man gottgefällig leben könnte, oft beklagt sie die Spaltung der Kirche und schimpft über die Geistlichen, die nichts als Zwietracht über die Menschen brächten und von christlicher Lebensweise weit entfernt wären. Obwohl sie zum katholischen Glauben konvertieren mußte, fährt sie in protestantischer Weise mit der eigenen Bibellektüre fort, täglich drei Kapitel. Die 'Devoten', zu denen sie vor allem Madame Maintenon rechnet, sind ihr ein Dorn im Auge. Ihrer Auffassung nach sind sie allesamt Heuchler, die den Glauben nur vorspielen. Natürlich ist sie gegen die Verfolgung von Hugenotten (1685), immer spricht sie sich für religiöse Toleranz aus, wie sie es bei ihrer Tante Sophie in Hannover gelernt hat. Ihre eigene Glaubensauffassung beschreibt sie so: "Ich bin nicht glücklich genung, einen so starken Glauben zu haben, umb berge zu versetzen, und bin zu aufrichtig, umb mich anzustellen als wenn ich devot were, ohne es zu sein. Derowegen contentiere ich mich nur, mich nicht gröblich gegen die gebote zu versündigen und meinem negsten nichts leyd zu tun; Gott den allmächtigen, den admiriere ich, ohne ihn zu begreifen, ich lobe und preise ihn morgends und abends und laß ihn ferners walten und ergebe mich in seinen willen, denn ohne das weiß ich wohl, daß nichts geschehen kann (...)"15
Tief betrübt ist Liselotte über den Tod Sophies 1714 und auch das Sterben Ludwigs XIV 1715 bedauert sie trotz aller Schwierigkeiten mit dem König von Herzen, denn ihn zählt sie trotz allem zu den wenigen Freunden, die sie in Frankreich gefunden hat.
Ein wenig Trost findet sie im Alter darin, daß ihr Sohn Philipp II von Ludwig XIV zum Übergangskönig bis zum Herrschaftsantritt des Urenkels Ludwig XV erklärt worden war. Ihre letzten Jahre verbringt Liselotte sehr ruhig und zurückgezogen damit, Briefe an die ihr verbliebenen Freunde und Verwandten in Deutschland zu verschicken. Im Laufe ihres Lebens ist sie so auf die stattliche Anzahl von 5000 Briefen mit ungefähr 60000 Seiten gekommen, in denen sie detailliert das Leben am französischen Königshof mit wenig Rücksichten und scharfer Beobachtungsgabe beschreibt. Daß diese Briefe allerdings einmal von Forschern zur Erkundung der privaten Geschichte an europäischen Fürstenhäusern benutzt werden würden, wird sie kaum gedacht haben, denn sie schreibt: "(...) aber nach dem tod ist es brauch, daß man alle brief, so man in der verstorbenen kisten findt, gleich verbrennt, ohne sie zu besehen."16
Liselotte stirbt am 8. Dezember 1722 im Alter von 70 Jahren in St Cloud, ihrem zwischen Paris und Versailles gelegenen Lieblingswohnsitz.

Literatur:
Philippe Ariès und Georges Duby (Hg), Geschichte des privaten Lebens, Bd. III, Frankfurt 1991.
Briefe der Liselotte von der Pfalz, Herausgegeben und eingeleitet von Helmuth Kiesel, Frankfurt 1981.
Elisabeth Charlotte, Pfalzgräfin, Herzogin von Orléans. In: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. VI, Leipzig 1877, S. 28-34 (Kugler).
Reinhard M. G. Nickisch, Briefkultur, in: Deutsche Literatur von Frauen, Bd. I, Hg. v. Gisela Brinker-Gabler, München 1988.
Rudolf Vierhaus, Deutschland im Zeitalter des Absolutismus, Göttingen 1984.



1 Briefe der Liselotte von der Pfalz, Hg. und eingeleitet von Helmuth Kiesel, Frankfurt 1981, S.20.
2Elisabeth Charlotte, Pfalzgräfin, Herzogin von Orléans. In: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. VI, Berlin 1877, S. 29.
3 Briefe der Liselotte von der Pfalz, S. 109.
4 Ebenda, S. 234.
5 Ebenda, S. 208f.
6 Ebenda, S. 214.
7 Ebenda, S. 69.
8 Ebenda.
9 Ebenda, S. 77.
10 Vgl. ebenda, S.103f.
11 Ebenda, S. 119.
12 Ebenda, S. 100.
13 Ebenda, S. 128.
14 Ebenda, S. 9.
15 Ebenda, S. 107.
16 Ebenda, S. 203.